Haftung bei Unfall zwischen Überholer und in eine Lücke Einfahrendem

Tübingen/Berlin (DAV). Ein Motorradfahrer, der eine vor einer Ampel wartende Fahrzeugkolonne auf der Gegenfahrbahn überholt, verstößt gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot. Unter Berücksichtigung dieses Verschuldens und der Betriebsgefahr seines Fahrzeugs haftet er bei der Kollision mit einem von einem Parkplatz kommenden Pkw, der in eine Lücke in der Kolonne einbiegt, zu einem Drittel. Auf eine entsprechende Entscheidung des Landgerichts Tübingen vom 10. Dezember 2013 (AZ: 5 O 80/13) macht die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) aufmerksam.

Eine Motorradfahrerin fuhr innerorts links an einer stehenden Fahrzeugkolonne vorbei. Für jede Fahrtrichtung gab es nur einen Fahrstreifen. In dem Moment beabsichtigte eine Autofahrerin, von einem Parkplatz kommend nach links auf die Straße einzubiegen. Dazu wollte sie eine für sie von einem anderen Fahrzeugführer offen gelassene Lücke nutzen. Dabei kam es zum Unfall mit der Motorradfahrerin. Diese erlitt erhebliche Verletzungen mit dauerhaften Funktionsbeeinträchtigungen am rechten Arm und rechten Bein. Die Autofahrerin erkannte eine Haftungsquote von zwei Dritteln an. Die Motorradfahrerin ging von einer vollen Haftung aus.

Sie muss jedoch zu einem Drittel selbst haften, entschied das Gericht. Zwar habe die Autofahrerin einen Verstoß begangen, in dem sie von einem Parkplatz über einen abgesenkten Bordstein nach links abgebogen sei. Einbieger müssten besonders sorgsam sein und mit auch regelwidrig überholendem Verkehr rechnen. Die Motorradfahrerin habe demgegenüber gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot verstoßen und bei unklarer Verkehrslage überholt. Sie habe sich um des eigenen schnelleren Vorankommens willen über Verbote hinweggesetzt.

Quelle: DAV Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht

  15. September 2014
  Kategorie: Verkehrsrecht