Diskriminierung durch Ablehnung von molligen Bewerbern?
Dürfen Arbeitgeber mollige Bewerber ablehnen, weil sie von ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht ihren Vorstellungen entsprechen? Hierin liegt womöglich eine unzulässige Diskriminierung nach dem AGG.
Vorliegend bewarb sich eine Frau aufgrund einer Stellenausschreibung bei einem Patientenschutzverband als Geschäftsführerin. Im Anschluss an das erste Vorstellungsgespräch – das nach der Ansicht von der Bewerberin angenehm verlief – wurde sie zu einem weiteren Gespräch eingeladen. Zwischenzeitlich erhielt sie eine E-Mail von der kommissarisch eingesetzten Geschäftsführerin. Diese fragte u.a., was dazu geführt habe, dass sie kein normales Gewicht habe. Ihre Nachfrage begründete sie damit dass sie Geschäftsführer auch an Mitgliedschaftsversammlungen teilnehmen muss. Sie sei aufgrund ihres Übergewichtes „kein vorzeigbares Beispiel“ für die Empfehlungen der Organisation im gesundheitlichen Bereich. Die Frau wog 82 kg bei einer Größe von 170 und einer Kleidergröße von 42 (BMI von 28,7). Als sie im Anschluss daran nicht zum zweiten Vorstellungsgespräch erschienen war, erhielt sie von ihren potentiellen Arbeitgeber eine Absage. Daraufhin verklagte sie ihn wegen Diskriminierung auf Entschädigung in Höhe von 30.000 Euro sowie auf Schmerzensgeld.
Übergewicht ist noch keine Behinderung
Das Arbeitsgericht Darmstadt wies die Klage der Bewerberin mit Urteil vom 12.06.2014 – 6 Ca 22/13 ab. Das Gericht berief sich darauf, dass keine Anhaltspunkte für eine Diskriminierung wegen einer Behinderung vorliegen. Denn das bei der Bewerberin vorliegende starke Übergewicht sei für sich für sich genommen keine Behinderung in Sinne von § 1 des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG).
Adipositas gilt als Behinderung im Sinne des AGG
Anders sei dies lediglich bei Adipositas, die als Erkrankung anzusehen sei. Die Klägerin sei jedoch nicht an Adipositas erkrankt. Dies ergibt sich nach Einschätzung des Gerichtes daraus, dass sie durch ihr Gewicht nicht körperlich beeinträchtigt wird gesellschaftlich integriert. Darüber hinaus sei nicht wirklich klar, ob wirklich das Übergewicht Grund für die Ablehnung der Bewerberin war.
Darüber hinaus sah das Gericht keine Anhaltspunkte für eine Verletzung ihres Persönlichkeitsrechtes. In der Äußerung, dass sie nicht vorzeigbar sei, liege eine zulässige Meinungsäußerung. Darüber hinaus sei dem Arbeitgeber – sofern es bei dem Übergewicht nicht um eine Behinderung geht – dem Arbeitgeber ein weiter Beurteilungsspielraum zuzubilligen. Er dürfe etwa abchecken, ob durch das äußere Erscheinungsbild und dem Umgang mit ihrem Übergewicht den Mitgliedern ein Vorbild für gesundheitsbewusstes Verhalten ist. Dies sei bei diesem Verband gerade sehr wichtig, der seine Mitglieder zu gesundheitsbewusstem Verhalten anregen möchte.
Abzuwarten bleibt, ob dieses Urteil rechtskräftig wird. In der Praxis dürfte häufig das Problem bestehen, dass eine Diskriminierung bei einem Bewerber mit Adipositas schwer nachweisbar ist. Darüber hinaus besteht hier die Besonderheit, dass hier der Arbeitgeber ein gemeinnütziger Verein geht, dem das gesundheitsbewusste Verhalten seiner Mitglieder am Herzen liegt und der Arbeitnehmer als Geschäftsführer diese Einstellung nach außen vertreten muss.